NAALBINDING / NADELBINDEN

Naalbinding (oder Nadelbinden) gibt es schon viel länger als Häkeln oder Stricken. Nach archäologischen Funden in Nordeuropa und Ägypten gilt es als erwiesen, dass Naalbinding bereits in der Bronzezeit ausgeübt wurde. Aber auch heute ist das Interesse an dieser Handarbeit stetig wachsend, nicht zuletzt durch eine starke Living-History und Re-enactment Bewegung.

Auch in den skandinavischen Ländern erfreut sich das Nadelbinden einer ungebrochenen Beliebtheit. Wie es die, traditionell zur schwedischen Tracht gehörenden, nadelgebundenen und aufwendig bestickten Schmuckhandschuhe zeigen.

Naalbinding ist dem heutigen Stricken oder Häkeln nur entfernt ähnlich. Der Wollfaden wird mit der Nadel (gefunden wurden Holz-, Horn- oder Knochennadeln), nach bestimmten Stichen durch rückwärtige Schlingen geführt. Dabei kann man nach der Freihandmethode oder der Daumenfessel-Methode arbeiten.
Optisch gesehen ist das Nadelbinden so eher dem Nähen ähnlich, wobei keine fertigen Textilteile miteinander verbunden werden, sondern durch den Vorgang Schlinge an Schlinge zu setzen ein neues textiles Gewebe entsteht.
Durch die einzelnen Schlingen, entstehen entgegen dem Maschengewebe beim Häkeln oder Stricken eine Reihe einzelner Verknotungen. Das macht ein, in der Nadelbinde-Technik gearbeitetes Textilstück deutlich haltbarer und stabiler.

In Deutschland extistierte das Nadelbinden noch etwa 300 Jahre neben dem Stricken weiter – also etwa bis 1550 n. Ch. Gearbeitet wird überwiegend in einem spiralförmigen Aufbau von Schlingenketten, die gleichzeitig mit ihrem Entstehen durch einen Verbindungsstich miteinander verbunden werden.
Gearbeitet wird mit einem endlichen Faden, also nicht direkt von einem Knäuel herunter wie man es von Stricken oder Häkeln her kennt. Dadurch wird die Arbeit deutlich langwieriger und man erzielt nicht ganz so schnelle sichtbare Erfolge.
Der Hauptteil der deutschen Nadelbinder greift deshalb auf sehr dicke Wolle zurück um sich die Arbeit zu erleichtern.
Ist man aber, gerade im Living-History-Bereich, daran interessiert möglichst geschichtsnah zu arbeiten sollte man bestrebt sein verzwirnte, recht dünne Wolle zu verwenden, da dies der gegebenen Fundlage entspricht.

Es gibt historische Funde von Handschuhen, Socken, Mützen, Milchsieben aus Tierhaar, die in dieser Art gearbeitet sind. Es gibt aber auch Funde von jacken- und hemdähnlichen Textilien in Nadelbindetechnik, die höchstwahrscheinlich in Hin- und Her-Reihen gearbeitet sind.

Nachgewiesen sind kleine Textilen wie die wikingerzeitliche Socke von York oder die Handschuhe aus Riga. Als Material ist in erster Linie Wolle nachgewiesen, aber auch Pferdehaar wie bei einem Milchsieb aus Lappland oder Leinen wie bei schweizer Pontifikalstrümpfen.
Neben groben Alltagsstücken gibt es einen besonderen Fund. Zum Mantel aus dem um 1000 datierten Männergrab von Mammen gehört ein Bindeband mit filigranen Einsätzen aus Goldlahnfäden in der komplizierten Nadelbindevariante.

Weiterführende Literatur:
Ulrike Claßen-Büttner Nadelbinden- Was ist denn das?
ISBN: 9783848201242

Autorin des Artikels: ©Rebecca Weber 2012